Veranstaltung: | Landesparteitag S-H Mai 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | 4. Anträge |
Antragsteller*in: | LAG Ökologie (dort beschlossen am: 05.04.2024) |
Status: | Abstimmung |
Abstimmungsergebnis: | Mit großer Mehrheit angenommen Enthaltungen: 3 |
Antragshistorie: | Version 2 |
A31MOD (Ä1): Klimaschutz und Biodiversitätsschutz gleichzeitig angehen – Windkraftplanung naturverträglich gestalten
Antragstext
Schleswig-Holstein ist Land der Erneuerbaren Energien und ein Land mit
Naturräumen von herausragender Bedeutung. Die bundesweite Vorreiterrolle des
Landes beim Windkraftausbau ist auch der Einhaltung hoher Naturschutzstandards
und einer verantwortungsvollen Schutzgüterabwägung zu verdanken. Daran werden
wir festhalten.Mit der sogenannten Gemeindeöffnungsklausel hat der Bund den
Kommunen nun die Möglichkeit eingeräumt, Windenergieflächen außerhalb von
bestehenden Vorranggebieten zu planen. Der Landesparteitag begrüßt vor diesem
Hintergrund, dass die Landesregierung angekündigt hat, einen landesplanerischen
Rahmen für die Umsetzung der kommunalen Öffnungsklausel zu setzen. Danach
müssten sich Gemeinden an denselben Zielen der Raumordnung orientieren wie die
Regionalplanung.In diesem Sinne bekräftigt der Landesparteitag die Bereitschaft
von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Schleswig-Holstein, von der kommunalen Öffnungsklausel
an gleichsam naturverträglichen wie energiewirtschaftlich sinnvollen Standorten
Gebrauch zu machen. Damit kann der weitere Ausbau der Windenergie an Land
ambitioniert vorangetrieben werden und damit einen zusätzlichen Beitrag zur
Erreichung der Klimaschutzziele leisten. Sie kann ein geeignetes Instrument
sein, um wichtige Energie- und Wärmewendeprojekte vor Ort zu ermöglichen.
Der Landesparteitag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Schleswig-Holstein fordertalle
Mitglieder der Partei in der Landesregierung, im Landtag und den kommunalen
Vertretungen, sich auch bei der Ausweisung kommunaler Windeignungsgebiete sowie
bei der Festlegung eines diesbezüglichen landesgesetzlichen Rahmens dafür
einzusetzen, dass naturschutzfachlich bedeutsame Gebiete wie beispielsweise
Schwerpunktgebiete des überregionalen Vogelzugs oder Wiesenvogelbrutgebiete
weiterhin von einer Nutzung für den Ausbau von Windkraftanlagen freizuhalten
sind. Hierzu gehören insbesondere weitere Flächen des Schutzgebiets- und
Biotopverbundsystems und die Schwerpunkträume der landesweiten
Biodiversitätsstrategie. Gute Planung bedeutet in einem Energiewendeland eben
auch ökologisch sensible Räume von der Windkraft freizuhalten.
Begründung
Treibhausgasemissionen zu senken und das Artensterben einzudämmen sind Ziele, die wir von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN gleichzeitig angehen sollten. Zur Lösung der Klimakrise auf erneuerbare Energien zu setzen, ist richtig und wichtig. Doch die mittelfristig unumkehrbare Biodiversitätskrise sowie weitere Flächen-Ansprüche von Landwirtschaft, Siedlungen und Infrastruktur verlangen eine intelligente Aufteilung der zur Verfügung stehenden Flächen.
Die Halbinsel Eiderstedt sollte laut Regionalplan Wind weitgehend von Windenergieanlagen freigehalten werden. Das ist sinnvoll, weil die Region ein Nadelöhr für rund drei Millionen Zugvögel bildet, die auf der ostatlantischen Vogelzug-Route jährlich Nationalpark und Weltnaturerbe Wattenmeer als lebenswichtigen Rastplatz ansteuern.
Doch der Regionalplan Wind für den Planungsraum 1, in dem Eiderstedt liegt, wurde vom Oberverwaltungsgericht für unwirksam erklärt. Zusätzlich trat im vergangenen Jahr die so genannte Gemeindeöffnungsklausel in Kraft. Sie erlaubt es Gemeinden, Windenergiegebiete mit Hilfe von Zielabweichungsverfahren in der Bauleitplanung unabhängig von Windenergie-Vorrangflächen auszuweisen. Die Gemeindeöffnungsklausel geht auf eine Änderung des Baugesetzbuches auf Bundesebene vom Juli 2023 zurück. Das Land will diese und weitere Neuerungen im Raumordnungsgesetz des Bundes in eine für dieses Jahr geplanten Neufassung des Landesplanungsgesetzes übernehmen.
Auf Eiderstedt werden aktuell zusätzlich zu den acht einzigen vorhandenen Windenergianlagen, die Bestandsschutz genießen, weitere 20 bis 40 Windturbinen geplant. Für besonders lärmempfindliche Zugvögel und ziehende Fledermäuse würde das eine gefährliche Barriere auf ihrem Zugweg bedeuten.
Dabei kann Schleswig-Holstein schon jetzt seinen Strombedarf dreifach aus Erneuerbare-Energie-Anlagen decken. Der Lebensraum von Vögeln, Fledermäusen und vielen weiteren Tier- und Pflanzenarten hat sich dagegen nicht vergrößert, sondern wird im Gegenteil immer weiter eingeschränkt.
Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen ist eine Kernkompetenz, ja ein Alleinstellungsmerkmal unserer Partei. Keine andere politische Partei kümmert sich um den Schutz von Tier- und Pflanzenarten, von Biotopen und Gewässern. Wirtschaftliche Kompetenz dagegen nehmen auch andere politische Gruppierungen für sich in Anspruch. Wenn wir die Biodiversitätskrise vernachlässigen, setzen wir nicht nur die Reste unserer intakten Natur aufs Spiel, sondern verprellen auch unsere Stammwählerschaft und frustrieren die zahlreichen, in unserer Partei aktiven Naturschützer:innen.
Die Grünen haben die Beschlüsse der Biodiversitätskonferenz in Montreal begrüßt und engagieren sich auf europäischer Ebene für das Nature Restoration Law.
Dort formulierte Ziele sind unter anderem die Sicherstellung von 30% der Landes- und Meeresfläche für den Erhalt von Natur und Landschaft. Für uns ergibt sich daraus die Verpflichtung, in erster Linie die naturschutzfachlich wertvollen Bereiche Schleswig-Holsteins zu schützen und vor weiteren Belastungen zu bewahren.
Die Auswertung der letzten landesweiten Biotopkartierung hat ergeben, dass fast die Hälfte der gesetzlich geschützten Biotope mittlerweile verschwunden ist beziehungsweise zerstört wurde.
Diesen Trend gilt es zu stoppen und umzukehren. Naturschutzfachlich bedeutende Flächen müssen deshalb von Energieanlagen und weiterer Nutzung, die nicht mit dem Schutzzweck in Einklang steht, frei gehalten werden.
Der Antragstext in einfacher Sprache:
Wir von BÜNDNIS 90/ DIEN GRÜNEN sind eine Partei, die sich um die Natur kümmert. Dazu gehören auch die Zug-Vögel. Schleswig-Holstein ist sehr wichtig für sehr viele Zug-Vögel. Sie kommen jedes Jahr im Herbst und im Frühjahr, um sich an der Nordseeküste satt zu fressen.
In Schleswig-Holstein stehen viele Wind-Räder. Man nennt sie auch Wind-Kraft-Anlagen. Die sind wichtig, weil sie Strom erzeugen. Aber für Vögel und Fledermäuse können Wind-Räder gefährlich werden, weil sie sich so schnell drehen. Wo viele Vögel und Fledermäuse leben, sollen keine neuen Wind-Räder gebaut werden. Zum Beispiel in einer Region in Nordfriesland an der Nordsee-Küste, die Eiderstedt heißt. Dort gibt es bisher nur acht Wind-Räder. Im restlichen Nordfriesland stehen über 800 Wind-Räder. Eiderstedt sieht für viele Zug-Vögel wahrscheinlich aus wie ein Loch in einem Zaun aus Wind-Rädern. Wir wollen dieses Loch im Zaun für die Zug-Vögel frei halten, damit sie weiter die Nordsee erreichen können.
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