Antrag: | Für Menschlichkeit und Solidarität: Wir stehen an der Seite von Menschen auf der Flucht! |
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Antragsteller*in: | Catharina Johanna Nies (KV Flensburg) |
Status: | Geprüft |
Verfahrensvorschlag: | Verschoben zu anderem Antrag |
Eingereicht: | 25.04.2024, 22:20 |
A22-Ä7 zu A22NEU (Ä11): Für Menschlichkeit und Solidarität: Wir stehen an der Seite von Menschen auf der Flucht!
Antragstext
Von Zeile 86 bis 88 einfügen:
enthaltenen Funktionen, erhalten bleibt. Zielgruppe der Bezahlkarte können ausschließlich Menschen sein, die noch keinen Anspruch oder faktischen Zugang zu einem Bankkonto haben, es sei denn die Bezahlkarte kann technisch mit einem eigenen Konto verbunden werden.
Europa und insbesondere Deutschland sollen Frieden, Freiheit und Sicherheit
bieten - für Menschen, die hier leben und für Menschen, die aus ihren
Heimatländern fliehen müssen. Eine Asylpolitik der Menschenrechte ist
Deutschlands grundgesetzliche und historische Verantwortung.
Wir Bündnisgrüne in Schleswig-Holstein stehen entschieden an der Seite der
Menschen, die zu uns fliehen. Wir sind den Grundsätzen der Menschenrechte,
Solidarität und Demokratie verpflichtet. In den meisten Fällen fliehen Menschen,
weil sie zur Flucht gezwungen werden. Dabei finden die Geschichten der Menschen
auf der Flucht in der politischen Debatte leider oft nur wenig Betrachtung. Für
uns Bündnisgrüne ist jedoch klar: Im Mittelpunkt unserer Politik steht der
Mensch und dessen Würde und Freiheit. Dieses Bekenntnis gilt auch für unsere
Asylpolitik, uneingeschränkt.
Geldleistungen und uneingeschränkten Zugang zu Leistungen für Geflüchtete
sichern
Wir kritisieren die teils rassistische und diskriminierende Art und Weise, wie
die Debatte um die Bezahlkarte geführt wird. Unserer Verantwortung als
demokratische Partei mit Regierungsbeteiligungen in Bund und Land sind wir uns
zu jedem Zeitpunkt bewusst. Wenn Parteien oder Politiker*innen rassistische
Denkmuster reproduzieren, ist das hoch problematisch. Wir verpflichten uns
deshalb zu einem diskriminierungssensiblen Sprachgebrach. Die Wortwahl von
Politiker*innen darf nicht dazu führen, dass Geflüchtete diskriminiert und
kriminalisiert werden. Sprache schafft Realität. Wir stehen an der Seite der
Menschen mit Flucht- und Rassismuserfahrungen, die von dem verbreiteten Hass in
der politischen Debatte betroffen sind.
Wir sehen, dass die materielle Ungerechtigkeit und Ungleichverteilung von
Wohlstand in unserer Gesellschaft zunehmen. Viele Menschen fühlen sich
angesichts der sozialen Ungerechtigkeiten und der Krisen in der Welt
verunsichert und mit ihren Sorgen nicht beachtet. Gleichzeitig häufen sich
Forderungen nach Restriktionen bei denen, die am allerwenigsten haben. Besonders
durch die Verständigung der Ministerpräsident*innen hat sich diese Debatte
nochmals zugespitzt. Wir finden diese Diskussion falsch und treten dem teils
rassistischen Diskurs entschieden entgegen. Tatsächlich bleibt die entscheidende
Frage unbeantwortet: Welches Problem lösen die aktuell genannten Forderungen
wirklich?
Wir nehmen zu Kenntnis, dass die Ministerpräsident*innenenkonferenz sich auf die
Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete verständigt hat. Nun gilt es aber,
eine konsequent diskriminierungsfreie Einführung sicherzustellen. Auf kommunaler
Ebene darf eine Bezahlkarte bereits bestehende eigene Modelle der
Leistungsauszahlung nicht aushebeln oder verhindern.
Für uns als Bündnisgrüne in Schleswig-Holstein ist klar: Sach- statt
Geldleistungen für Geflüchtete lehnen wir als entmündigend und bürokratisch ab.
Eine Bezahlkarte ist eine Geldleistung, die in digitaler Form erbracht werden
soll, sie darf nicht zur Sachleistung umdefiniert werden. Es ist eine
Scheindebatte um Geldüberweisungen ins Ausland und Geldleistungen als so
genannte „Pull-Faktoren“, die sich jeglicher wissenschaftlicher Evidenz
entbehrt. Wie vom Bundesverfassungsgericht bereits bestätigt, braucht es
existenzsichernde Leistungen, die die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und
das Ankommen in Deutschland und Europa ermöglichen. Dieser Grundsatz muss in
unserem Bundesland Schleswig-Holstein wie auch auf europäischer Ebene jederzeit
gelten. Alle Menschen haben in Deutschland Anspruch auf die Gewährleistung eines
menschenwürdigen Existenzminimums. Die kürzlich beschlossene Verlängerung des
Bezuges abgesenkter Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sehen wir
deshalb kritisch. Stattdessen setzen wir uns, wie bereits im Koalitionsvertrag
der Ampel-Bundesregierung vereinbart, mindestens für eine Reform des
Asylbewerberleistungsgesetzes entlang der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichtes ein. Der gleichberechtigte Zugang zu medizinischen
Leistungen muss für alle Menschen sichergestellt werden.
Für uns ist klar: Es dürfen durch ein Kartensystem keine Einschränkungen für die
Geflüchteten entstehen, ein konsequent diskriminierungsfreies Modell muss
sichergestellt werden. Dies muss durch Schleswig-Holsteins Rolle bei Gesprächen
zwischen den Ländern in der landespolitischen Debatte klargestellt werden.
Konkret muss sichergestellt werden, dass:
• Persönlichkeitsrechte nicht beschränkt werden: Es darf keine Möglichkeit zur
Einsicht in Zahlungen der Personen, etwa durch Verwaltungen, geben. Dies birgt
ein großes Missbrauchspotential.
• Ebenfalls keine Verknüpfung mit Daten aus dem Ausländerzentralregister oder
anderen behördlichen Informationen erfolgt, die missbraucht und gegen
geflüchtete Menschen eingesetzt werden könnten. Die Datensicherheit muss
jederzeit garantiert und sichergestellt werden.
• Bargeldabhebungen in jedem Fall und ohne Festlegung von maximalen Geldbeträgen
immer möglich sind und durch die Möglichkeit der Bargeldabhebung Wochenmärkte,
Flohmärkte u. ä. ohne Einschränkung für den günstigen Einkauf genutzt werden
können.
• Warengruppen nicht ausgenommen werden. Es handelt sich um bewilligte
Leistungen der Personen, bei denen jede weitere Restriktion ein Eingriff in die
persönliche Freiheit darstellt.
• Es keine “de facto Residenzpflicht und Einschränkung der Bewegungsfreiheit”
gibt, etwa durch eine geographische Eingrenzung für die Nutzung der Karte. Diese
muss mindestens deutschlandweit einsetzbar sein.
• Ausgezahlte Leistungen, die der Person zustehen, nicht gesperrt oder
eingezogen werden, etwa bei einem Rechtskreiswechsel (folgend der gegenwärtigen
Praxis). Das gilt besonders für den Wechsel aus dem AsylbLG-Bezug und mögliche
vorher nicht verausgabte Leistungen.
• die Einrichtung von Bankkonten bei allen Personengruppen, die Anspruch auf die
Einrichtung eines Bankkontos (mindestens Basiskonto) haben, mit allen darin
enthaltenen Funktionen, erhalten bleibt. Zielgruppe der Bezahlkarte können
ausschließlich Menschen sein, die noch keinen Anspruch oder faktischen Zugang zu
einem Bankkonto haben, es sei denn die Bezahlkarte kann technisch mit einem eigenen Konto verbunden werden.
• Jede Person eine eigene Bezahlkarte ausgestellt bekommt – um Abhängigkeiten,
etwa von Frauen im familiären Kontext – zu verhindern.
• Bezahlungen online möglich sind, damit z. B. vor Ort nicht verfügbare Produkte
und Lebensmittel bestellt oder Online-Sonderangebote genutzt werden können und
Überweisungen auf andere Konten uneingeschränkt möglich sind.
• Keine Diskriminierung durch das Design einer Karte entsteht, die Geflüchtete
in jeder Bezahlsituation erkennbar macht und dadurch ein hohes
Stigmatisierungspotential birgt.
• Das Konzept der Bezahlkarte nicht auf weitere Personengruppen ausgeweitet wird
Für ein menschenrechtsbasiertes gemeinsames europäisches Asylsystem
Zu den Grundwerten der Grünen gehört ein klares Bekenntnis zu Europa. Europa ist
stark und handlungsfähig, wenn es zusammen steht, solidarisch ist und seine
Werte selbstbewusst vertritt - nach Innen und nach Außen. Abschottung ist für
uns keine Option - weder in Schleswig-Holstein noch an Europas Außengrenzen. Die
großen Aufgaben unserer Zeit müssen grenzüberschreitend und europäisch
angegangen werden. Das gilt insbesondere auch für das Handlungsfeld Flucht und
Migration. Wir setzen uns deshalb für ein gemeinsames europäisches Asylsystem
ein, das antirassistisch, menschenrechtsbasiert und lösungsorientiert ist und
das individuelle Recht auf Asyl wahrt.
Wir sehen mit großer Sorge, dass weiter Haftlager mit menschenunwürdigen
Bedingungen an den Außengrenzen entstehen und auch vulnerable Menschen in diesen
inhaftiert werden sollen. So ist z.B. nicht sichergestellt, dass Menschen mit
Behinderungen eine Unterbringung entsprechend ihrer Bedürfnisse und entsprechend
der UN-Behindertenrechtskonvention erhalten. Außerdem sind für das Festsetzen
während des Screenings oder der sogenannten Grenzverfahren nicht einmal
Ausnahmen für Familien mit Kindern vorgesehen. Viele Kinder werden durch die
Reform monatelang inhaftiert werden, was der UN-Kinderrechtskonvention
widerspricht. Grenzverfahren dürfen nicht dazu führen, dass weitere Haftlager
mit Zuständen wie in Moria an den Außengrenzen entstehen, die die Würde und die
Rechte von Schutzsuchenden verletzen. Zudem befürchten wir, dass es durch die
Umsetzung der Screening-Verordnung vermehrt zu Racial Profiling kommt, da alle
EU-Mitgliedsstaaten nicht nur an den Grenzen, sondern auch auf ihrem
Hoheitsgebiet zu systematischen Screenings verpflichtet werden. Dies würde
sowohl Geflüchtete als auch von Rassismus betroffene EU-Bürger*innen und bereits
hier lebende Menschen treffen.
Im "Krisenfall" oder im Fall einer “Instrumentalisierung” können Rechte von
Schutzsuchenden noch weiter beschränkt werden. Die vorgesehene Krisenverordnung
gibt EU-Staaten die Möglichkeit, Asylsuchenden temporär den Zugang zum EU-
Asylsystem zu verweigern, unabhängig davon, aus welchem Land diese geflohen sind
und welche Asylgründe sie angeben. Das lehnen wir ab. Wir Grüne in Schleswig-
Holstein kritisieren diese Reform. Damit stellen wir uns geschlossen hinter die
Position unserer grünen Europafraktion, die im Innenausschuss die zentralen
Rechtsakte des neuen GEAS-Reformpakets abgelehnt hat.
Asylrechtsverschärfungen haben in der Vergangenheit vielerorts die Probleme erst
geschaffen, das wir jetzt sehen. Nichtsdestotrotz setzen wir uns nun konstruktiv
uns für eine möglichst vernünftige und möglichst menschenwürdige Umsetzung der
Rechtsakte ein. Außerdem gilt es nun umso mehr, so viele Spielräume wie möglich
für Verbesserungen im Sinne der geflüchteten Menschen bei der nationalen
Umsetzung zu nutzen.
Abschiebungen in Kriegs- und Krisengebiete wie zum Beispiel in den Iran, nach
Syrien oder Afghanistan sowie Abschiebungen in Drittstaaten lehnen wir ab.
Staaten, in denen Minderheiten verfolgt werden, sind nicht sicher. So ist es
insbesondere notwendig, den Status von Ghana und Senegal als „sichere
Herkunftsstaaten“ zu hinterfragen. LGBTIQ* Personen werden in beiden Staaten
strafrechtlich verfolgt, kriminalisiert und diskriminiert. Zudem ist durch die
gesetzliche Verfolgung auch die Gefahr für Gewalt durch nicht staatliche
Akteur*innen groß. Die Situation für LGBTIQ*-Personen und Ihre
Unterstützer*innen in Ghana hat sich durch den Gesetzbeschluss dieses Jahr noch
einmal verschlechtert. Wir Grüne sind solidarisch mit allen LGBTIQ* und FLINTA*-
Personen auf der Flucht.
Seenotrettung stärken
Sowohl die zivile und staatliche Seenotrettung wollen wir stärken, besser
koordinieren und ausreichend finanzieren und lehnen Kriminalisierungsversuche
ab. Das Sterben im Mittelmeer muss beendet werden. Die Bundesregierung hat in
ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dass eine staatlich koordinierte und
europäisch getragene Seenotrettung im Mittelmeer angestrebt wird. Wir nehmen
dahingehend mit Sorge zur Kenntnis, dass durch eine Gesetzeslücke im zuletzt
durch den Bundestag beschlossenen Rückführungsverbesserungsgesetz die
Seenotrettung von minderjährigen Geflüchteten und humanitäre Hilfe auf dem Land
kriminalisiert werden kann. Die Regierungskoalition im Bund muss hier Klarheit
schaffen und dieses Einfallstor für Kriminalisierung schnell wieder schließen.
Wir Grüne in Schleswig-Holstein appellieren deshalb an unsere politischen
Verantwortungsträger*innen, sich dafür in der Koalition einzusetzen.
Die Zusammenarbeit der EU-Kommission und anderen EU-Staaten mit gewalttätigen
Milizen wie der sogenannten libyschen Küstenwache muss beendet werden. Wir
fordern, dass die EU die Einhaltung der Menschenrechte und rechtsstaatlicher
Verfahren flächendeckend überwacht und Verstöße wie Pushbacks und andere Gewalt
gegen Schutzsuchende konsequent sanktioniert werden.
Unterstützer*innen
- Uta Röpcke (KV Herzogtum Lauenburg)
- Silke Backsen (KV Nordfriesland)
- Silke Schiller-Tobies (KV Kiel)
- Bina Braun (KV Herzogtum Lauenburg)
Fehler:Nur zugelassene Gruppen können Anträge unterstützen.
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enthaltenen Funktionen, erhalten bleibt. Zielgruppe der Bezahlkarte können ausschließlich Menschen sein, die noch keinen Anspruch oder faktischen Zugang zu einem Bankkonto haben, es sei denn die Bezahlkarte kann technisch mit einem eigenen Konto verbunden werden.
Europa und insbesondere Deutschland sollen Frieden, Freiheit und Sicherheit
bieten - für Menschen, die hier leben und für Menschen, die aus ihren
Heimatländern fliehen müssen. Eine Asylpolitik der Menschenrechte ist
Deutschlands grundgesetzliche und historische Verantwortung.
Wir Bündnisgrüne in Schleswig-Holstein stehen entschieden an der Seite der
Menschen, die zu uns fliehen. Wir sind den Grundsätzen der Menschenrechte,
Solidarität und Demokratie verpflichtet. In den meisten Fällen fliehen Menschen,
weil sie zur Flucht gezwungen werden. Dabei finden die Geschichten der Menschen
auf der Flucht in der politischen Debatte leider oft nur wenig Betrachtung. Für
uns Bündnisgrüne ist jedoch klar: Im Mittelpunkt unserer Politik steht der
Mensch und dessen Würde und Freiheit. Dieses Bekenntnis gilt auch für unsere
Asylpolitik, uneingeschränkt.
Geldleistungen und uneingeschränkten Zugang zu Leistungen für Geflüchtete
sichern
Wir kritisieren die teils rassistische und diskriminierende Art und Weise, wie
die Debatte um die Bezahlkarte geführt wird. Unserer Verantwortung als
demokratische Partei mit Regierungsbeteiligungen in Bund und Land sind wir uns
zu jedem Zeitpunkt bewusst. Wenn Parteien oder Politiker*innen rassistische
Denkmuster reproduzieren, ist das hoch problematisch. Wir verpflichten uns
deshalb zu einem diskriminierungssensiblen Sprachgebrach. Die Wortwahl von
Politiker*innen darf nicht dazu führen, dass Geflüchtete diskriminiert und
kriminalisiert werden. Sprache schafft Realität. Wir stehen an der Seite der
Menschen mit Flucht- und Rassismuserfahrungen, die von dem verbreiteten Hass in
der politischen Debatte betroffen sind.
Wir sehen, dass die materielle Ungerechtigkeit und Ungleichverteilung von
Wohlstand in unserer Gesellschaft zunehmen. Viele Menschen fühlen sich
angesichts der sozialen Ungerechtigkeiten und der Krisen in der Welt
verunsichert und mit ihren Sorgen nicht beachtet. Gleichzeitig häufen sich
Forderungen nach Restriktionen bei denen, die am allerwenigsten haben. Besonders
durch die Verständigung der Ministerpräsident*innen hat sich diese Debatte
nochmals zugespitzt. Wir finden diese Diskussion falsch und treten dem teils
rassistischen Diskurs entschieden entgegen. Tatsächlich bleibt die entscheidende
Frage unbeantwortet: Welches Problem lösen die aktuell genannten Forderungen
wirklich?
Wir nehmen zu Kenntnis, dass die Ministerpräsident*innenenkonferenz sich auf die
Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete verständigt hat. Nun gilt es aber,
eine konsequent diskriminierungsfreie Einführung sicherzustellen. Auf kommunaler
Ebene darf eine Bezahlkarte bereits bestehende eigene Modelle der
Leistungsauszahlung nicht aushebeln oder verhindern.
Für uns als Bündnisgrüne in Schleswig-Holstein ist klar: Sach- statt
Geldleistungen für Geflüchtete lehnen wir als entmündigend und bürokratisch ab.
Eine Bezahlkarte ist eine Geldleistung, die in digitaler Form erbracht werden
soll, sie darf nicht zur Sachleistung umdefiniert werden. Es ist eine
Scheindebatte um Geldüberweisungen ins Ausland und Geldleistungen als so
genannte „Pull-Faktoren“, die sich jeglicher wissenschaftlicher Evidenz
entbehrt. Wie vom Bundesverfassungsgericht bereits bestätigt, braucht es
existenzsichernde Leistungen, die die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und
das Ankommen in Deutschland und Europa ermöglichen. Dieser Grundsatz muss in
unserem Bundesland Schleswig-Holstein wie auch auf europäischer Ebene jederzeit
gelten. Alle Menschen haben in Deutschland Anspruch auf die Gewährleistung eines
menschenwürdigen Existenzminimums. Die kürzlich beschlossene Verlängerung des
Bezuges abgesenkter Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sehen wir
deshalb kritisch. Stattdessen setzen wir uns, wie bereits im Koalitionsvertrag
der Ampel-Bundesregierung vereinbart, mindestens für eine Reform des
Asylbewerberleistungsgesetzes entlang der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichtes ein. Der gleichberechtigte Zugang zu medizinischen
Leistungen muss für alle Menschen sichergestellt werden.
Für uns ist klar: Es dürfen durch ein Kartensystem keine Einschränkungen für die
Geflüchteten entstehen, ein konsequent diskriminierungsfreies Modell muss
sichergestellt werden. Dies muss durch Schleswig-Holsteins Rolle bei Gesprächen
zwischen den Ländern in der landespolitischen Debatte klargestellt werden.
Konkret muss sichergestellt werden, dass:
• Persönlichkeitsrechte nicht beschränkt werden: Es darf keine Möglichkeit zur
Einsicht in Zahlungen der Personen, etwa durch Verwaltungen, geben. Dies birgt
ein großes Missbrauchspotential.
• Ebenfalls keine Verknüpfung mit Daten aus dem Ausländerzentralregister oder
anderen behördlichen Informationen erfolgt, die missbraucht und gegen
geflüchtete Menschen eingesetzt werden könnten. Die Datensicherheit muss
jederzeit garantiert und sichergestellt werden.
• Bargeldabhebungen in jedem Fall und ohne Festlegung von maximalen Geldbeträgen
immer möglich sind und durch die Möglichkeit der Bargeldabhebung Wochenmärkte,
Flohmärkte u. ä. ohne Einschränkung für den günstigen Einkauf genutzt werden
können.
• Warengruppen nicht ausgenommen werden. Es handelt sich um bewilligte
Leistungen der Personen, bei denen jede weitere Restriktion ein Eingriff in die
persönliche Freiheit darstellt.
• Es keine “de facto Residenzpflicht und Einschränkung der Bewegungsfreiheit”
gibt, etwa durch eine geographische Eingrenzung für die Nutzung der Karte. Diese
muss mindestens deutschlandweit einsetzbar sein.
• Ausgezahlte Leistungen, die der Person zustehen, nicht gesperrt oder
eingezogen werden, etwa bei einem Rechtskreiswechsel (folgend der gegenwärtigen
Praxis). Das gilt besonders für den Wechsel aus dem AsylbLG-Bezug und mögliche
vorher nicht verausgabte Leistungen.
• die Einrichtung von Bankkonten bei allen Personengruppen, die Anspruch auf die
Einrichtung eines Bankkontos (mindestens Basiskonto) haben, mit allen darin
enthaltenen Funktionen, erhalten bleibt. Zielgruppe der Bezahlkarte können
ausschließlich Menschen sein, die noch keinen Anspruch oder faktischen Zugang zu
einem Bankkonto haben, es sei denn die Bezahlkarte kann technisch mit einem eigenen Konto verbunden werden.
• Jede Person eine eigene Bezahlkarte ausgestellt bekommt – um Abhängigkeiten,
etwa von Frauen im familiären Kontext – zu verhindern.
• Bezahlungen online möglich sind, damit z. B. vor Ort nicht verfügbare Produkte
und Lebensmittel bestellt oder Online-Sonderangebote genutzt werden können und
Überweisungen auf andere Konten uneingeschränkt möglich sind.
• Keine Diskriminierung durch das Design einer Karte entsteht, die Geflüchtete
in jeder Bezahlsituation erkennbar macht und dadurch ein hohes
Stigmatisierungspotential birgt.
• Das Konzept der Bezahlkarte nicht auf weitere Personengruppen ausgeweitet wird
Für ein menschenrechtsbasiertes gemeinsames europäisches Asylsystem
Zu den Grundwerten der Grünen gehört ein klares Bekenntnis zu Europa. Europa ist
stark und handlungsfähig, wenn es zusammen steht, solidarisch ist und seine
Werte selbstbewusst vertritt - nach Innen und nach Außen. Abschottung ist für
uns keine Option - weder in Schleswig-Holstein noch an Europas Außengrenzen. Die
großen Aufgaben unserer Zeit müssen grenzüberschreitend und europäisch
angegangen werden. Das gilt insbesondere auch für das Handlungsfeld Flucht und
Migration. Wir setzen uns deshalb für ein gemeinsames europäisches Asylsystem
ein, das antirassistisch, menschenrechtsbasiert und lösungsorientiert ist und
das individuelle Recht auf Asyl wahrt.
Wir sehen mit großer Sorge, dass weiter Haftlager mit menschenunwürdigen
Bedingungen an den Außengrenzen entstehen und auch vulnerable Menschen in diesen
inhaftiert werden sollen. So ist z.B. nicht sichergestellt, dass Menschen mit
Behinderungen eine Unterbringung entsprechend ihrer Bedürfnisse und entsprechend
der UN-Behindertenrechtskonvention erhalten. Außerdem sind für das Festsetzen
während des Screenings oder der sogenannten Grenzverfahren nicht einmal
Ausnahmen für Familien mit Kindern vorgesehen. Viele Kinder werden durch die
Reform monatelang inhaftiert werden, was der UN-Kinderrechtskonvention
widerspricht. Grenzverfahren dürfen nicht dazu führen, dass weitere Haftlager
mit Zuständen wie in Moria an den Außengrenzen entstehen, die die Würde und die
Rechte von Schutzsuchenden verletzen. Zudem befürchten wir, dass es durch die
Umsetzung der Screening-Verordnung vermehrt zu Racial Profiling kommt, da alle
EU-Mitgliedsstaaten nicht nur an den Grenzen, sondern auch auf ihrem
Hoheitsgebiet zu systematischen Screenings verpflichtet werden. Dies würde
sowohl Geflüchtete als auch von Rassismus betroffene EU-Bürger*innen und bereits
hier lebende Menschen treffen.
Im "Krisenfall" oder im Fall einer “Instrumentalisierung” können Rechte von
Schutzsuchenden noch weiter beschränkt werden. Die vorgesehene Krisenverordnung
gibt EU-Staaten die Möglichkeit, Asylsuchenden temporär den Zugang zum EU-
Asylsystem zu verweigern, unabhängig davon, aus welchem Land diese geflohen sind
und welche Asylgründe sie angeben. Das lehnen wir ab. Wir Grüne in Schleswig-
Holstein kritisieren diese Reform. Damit stellen wir uns geschlossen hinter die
Position unserer grünen Europafraktion, die im Innenausschuss die zentralen
Rechtsakte des neuen GEAS-Reformpakets abgelehnt hat.
Asylrechtsverschärfungen haben in der Vergangenheit vielerorts die Probleme erst
geschaffen, das wir jetzt sehen. Nichtsdestotrotz setzen wir uns nun konstruktiv
uns für eine möglichst vernünftige und möglichst menschenwürdige Umsetzung der
Rechtsakte ein. Außerdem gilt es nun umso mehr, so viele Spielräume wie möglich
für Verbesserungen im Sinne der geflüchteten Menschen bei der nationalen
Umsetzung zu nutzen.
Abschiebungen in Kriegs- und Krisengebiete wie zum Beispiel in den Iran, nach
Syrien oder Afghanistan sowie Abschiebungen in Drittstaaten lehnen wir ab.
Staaten, in denen Minderheiten verfolgt werden, sind nicht sicher. So ist es
insbesondere notwendig, den Status von Ghana und Senegal als „sichere
Herkunftsstaaten“ zu hinterfragen. LGBTIQ* Personen werden in beiden Staaten
strafrechtlich verfolgt, kriminalisiert und diskriminiert. Zudem ist durch die
gesetzliche Verfolgung auch die Gefahr für Gewalt durch nicht staatliche
Akteur*innen groß. Die Situation für LGBTIQ*-Personen und Ihre
Unterstützer*innen in Ghana hat sich durch den Gesetzbeschluss dieses Jahr noch
einmal verschlechtert. Wir Grüne sind solidarisch mit allen LGBTIQ* und FLINTA*-
Personen auf der Flucht.
Seenotrettung stärken
Sowohl die zivile und staatliche Seenotrettung wollen wir stärken, besser
koordinieren und ausreichend finanzieren und lehnen Kriminalisierungsversuche
ab. Das Sterben im Mittelmeer muss beendet werden. Die Bundesregierung hat in
ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dass eine staatlich koordinierte und
europäisch getragene Seenotrettung im Mittelmeer angestrebt wird. Wir nehmen
dahingehend mit Sorge zur Kenntnis, dass durch eine Gesetzeslücke im zuletzt
durch den Bundestag beschlossenen Rückführungsverbesserungsgesetz die
Seenotrettung von minderjährigen Geflüchteten und humanitäre Hilfe auf dem Land
kriminalisiert werden kann. Die Regierungskoalition im Bund muss hier Klarheit
schaffen und dieses Einfallstor für Kriminalisierung schnell wieder schließen.
Wir Grüne in Schleswig-Holstein appellieren deshalb an unsere politischen
Verantwortungsträger*innen, sich dafür in der Koalition einzusetzen.
Die Zusammenarbeit der EU-Kommission und anderen EU-Staaten mit gewalttätigen
Milizen wie der sogenannten libyschen Küstenwache muss beendet werden. Wir
fordern, dass die EU die Einhaltung der Menschenrechte und rechtsstaatlicher
Verfahren flächendeckend überwacht und Verstöße wie Pushbacks und andere Gewalt
gegen Schutzsuchende konsequent sanktioniert werden.
Unterstützer*innen
- Uta Röpcke (KV Herzogtum Lauenburg)
- Silke Backsen (KV Nordfriesland)
- Silke Schiller-Tobies (KV Kiel)
- Bina Braun (KV Herzogtum Lauenburg)
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